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Klartext

CO2 Gesamtbudget und dessen faire Verteilung


Die Pressekonferenz von Robert Habeck über die Klimaziele in Deutschland hat für Wirbel gesorgt. Viele technische und wissenschaftliche Begriffe machten die Runde und am Ende des Tages hörte auch unser Gedankenkarussell nicht auf sich zu drehen.


Wir nehmen diese Konferenz zum Anlass, um einmal Klartext über das CO2 Gesamtbudget und dessen faire Verteilung auf einzelne Länder zu schreiben.



Robert Habeck wird auf der Pressekonferenz zur Eröffnungsbilanz Klimaschutz gefragt, ob er sich zu einem finalen CO2 Budget für Deutschland bekennt. Seine Antwort: „Ja klar!“.


So klar war das für uns aber nicht, denn bisher wollte sich noch niemand aus der Regierung auf ein CO2 Budget für Deutschland festlegen. Habeck ist damit das erste Mitglied der Bundesregierung, das sich dazu bekennt, dass Deutschland eine festgeschriebene Menge an Emissionen zur Verfügung steht. Diese Menge darf nicht überschritten werden, um das 1,5°C Ziel einzuhalten.

Ein Erfolg, oder nicht? Leider nur auf den ersten Blick. Wir erklären in diesem Artikel, warum.


Das Problem:

Orientiert man sich am wissenschaftlich abgeleiteten CO2 Emissionsbudget, verbraucht Deutschland aktuell schon mehr CO2 Emissionen als ihm zustehen, um das 1,5°C Ziel einzuhalten. Das heißt, wir leben über unseren Verhältnissen. Reichen unsere derzeitigen klimapolitischen Maßnahmen aus, um das Pariser Klimaziel, zu dessen Erreichung wir uns verpflichtet haben, zu erfüllen?


Was genau ist mit CO2 Budget gemeint?

Die Klimakrise ist eine globale Herausforderung, daher gibt es ein global berechnetes CO2 Gesamtbudget. Das gibt uns einen Richtwert, wie viel Tonnen CO2 die Welt insgesamt noch ausstoßen darf, um die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 auf „nur“ 1,5°C zu begrenzen.


Laut Berechnungen des Weltklimarats dürfte die ganze Welt nur noch rund 320 Gigatonnen CO2 Emissionen ausstoßen, um mit einer Zwei-Drittel-Wahrscheinlichkeit die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Zum Vergleich: Aktuell verbrauchen wir weltweit 36 Gigatonnen CO2 Emissionen pro Jahr. Bei den derzeitigen Entwicklungen und Klimaanpassungsmaßnahmen wird dieses Budget in etwa 7 bis 8 Jahren aufgebraucht sein.


Die Schwierigkeit an dem globalen CO2 Budget ist, dass nicht festgelegt wurde, welche Anteile die einzelnen Staaten am gesamten CO2 Budget erhalten dürfen. Die Devise des Pariser Klimaabkommens lautet: Jeder soll so viel reduzieren, wie er kann. Am Ende werden die Emissionen zusammengezählt und es wird gehofft, dass es reicht, um das 1,5°C Ziel zu erreichen.


Um das globale CO2 Budget gerecht auf einzelne Länder anteilig aufzuteilen, bräuchte es also einen Verteilungsmaßstab, der diese Anteile berechnet. Dafür gibt es bereits verschiedene Ansätze. Der gebräuchlichste Ansatz ist eine Verteilung nach Bevölkerungszahl. Aber auch eine Verteilung nach der Wirtschaftsleistung der einzelnen Staaten oder danach, wie viel CO2 in der Vergangenheit bereits ausgestoßen wurde, ist denkbar.


Was ist Deutschlands Budget?

Das Umweltgutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) berechnet das nationale CO2 Budget für Deutschland, indem es den Anteil Deutschlands an der Weltbevölkerung zugrunde legt (und die historischen Emissionen vernachlässigt). Das Bundesverfassungsgericht hat diese Berechnungen und den angesetzten Verhältnismaßstab geprüft und für plausibel befunden.

Das Ergebnis: Ab 2020 stehen Deutschland maximal 6,7 Gigatonnen CO2 zur Verfügung, um die globale Erwärmung von 1,75°C mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 Prozent zu erreichen. Für das 1,5°C Ziel und einer 50%igen Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung ist das anteilige Budget auf 4,2 Gigatonnen CO2 begrenzt.


Bildquelle: Eröffnungsbilanz Klimaschutz – Pressekonferenz von Bundesminister Robert Habeck (Foto: BMWi)

Was sagt Robert Habeck dazu?

Robert Habeck hat eine andere Herangehensweise an die Berechnung eines CO2 Budgets für Deutschland. Er argumentiert, dass sich Deutschlands CO2 Budget aus den bereits bestehenden Emissionsreduktionspfaden ableitet. Diese besagen, dass die CO2 Emissionen bis 2030 um 65 Prozent und bis 2040 um 88 Prozent, gemessen an den Basisemissionen von 1990, reduziert werden sollen. Er versteht diese Reduktionspfade also als ein Restbudget an Emissionen, das Deutschland zusteht, um trotzdem noch seine Klimaziele zu erreichen.


Das Problem dabei: Selbst, wenn die Emissionsreduktionspfade eingehalten werden, bedeutet das nicht automatisch, dass das 1,5 Grad Ziel erreicht wird. Das von Habeck implizierte CO2 Budget bezieht sich „nur“ auf das nationale Klimaziel - also die Klimaneutralität bis 2045. Ob das der faire Anteil ist, den Deutschland zum globalen 1,5°C Ziel beitragen müsste, wurde nicht geprüft.


Um diese Problematik zu verdeutlichen, vergleichen wir, wie hoch das CO2 Budget für Deutschland nach Habecks Berechnungen wäre. Professor Wolfgang Lucht, Leiter der Abteilung für Erdsystemanalyse am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung und Mitglied des SRUs kommt zu dem Schluss: Nach Habecks Berechnung hat Deutschland ein CO2 Budget von etwa 7,9 Gigatonnen. Zum Vergleich: Das wissenschaftlich orientierte CO2-Budget für Deutschland, das auf einem gerechten Verteilungsschlüssel beruht, beträgt 4,2 Gigatonnen CO2. Der Gap zwischen diesen beiden Berechnungsmethoden beträgt beachtliche 3,7 Gigatonnen CO2! Die deutschen Klimaziele beruhen also auf einem Budget, das beinahe doppelt so hoch ist, wie das Budget nach gerechtem Verteilungsschlüssel. Wenn jedes Land so kalkuliert, besteht absolut keine Chance das 1,5°C einzuhalten.


Und was bedeutet das für Deutschland und Ihr Unternehmen?

Aktuell sind die Reduktionsziele Deutschlands nicht im Einklang mit dem globalen CO2 Budget. Das nationale Klimaziel bis 2030 und dessen klimapolitische Maßnahmen reichen vermutlich nicht aus, um die Erderwärmung Paris-kompatibel auf 1,5°C zu begrenzen.


Um ein reales und faires CO2 Budget für Deutschland zu berechnen, müsste die Regierung in einem ersten Schritt entscheiden, welches realistische Klimaziel angestrebt werden soll (z.B. 1,75°C, da das 1,5°C Ziel kaum noch mit derzeitigen Maßnahmen zu erreichen ist). Dann muss geklärt werden, wie hoch der deutsche Anteil am Gesamtbudget sein darf, um eine gerechte internationale Verteilung zu gewährleisten. Erst danach kann geprüft und festgelegt werden, wie viel Tonnen CO2 emittiert werden dürfen, um das gesetzte Klimaziel zu erreichen. Dieses Verfahren stellt sicher, dass das CO2 Budget fair und zielbezogen berechnet wird und nicht – wie bisher – an den Reduktionspfaden gemessen gegenüber 1990.


Es ist möglich, dass in Zukunft eine Zielanpassung notwendig wird, wenn das Budget doch noch am Pariser Klimaziele gemessen wird oder sich die Weltgemeinschaft einigt, wie das globale Emissionsbudget auf einzelne Staaten verteilt werden kann.

Von Unternehmen wird dann eines erwartet: eine schnelle Reaktionsfähigkeit! Für uns steht fest: wer sein Kerngeschäft bereits nachhaltig ausrichtet, hat gute Chancen in der Zukunft resilient und voller Freude und Aufregung statt Furcht und Bauchschmerzen, entgegenzutreten.


Ein erster Schritt bildet hierbei die Nachhaltigkeitsstrategie mit klaren Handlungsfeldern. Darin unterstützen wir Sie!




Quellen der Inspiration:

- Podcast: Der Gradmesser

- Spiegel Artikel: Habecks Missverständnis

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